Verfolgung in Iran

Die religiös motivierte Verfolgung von Minderheiten im islamisch geprägten Iran hat sich seit dem Jahr 2005 verschlimmert. Sie zielt insbesondere auf die Baha'i, auf Sufi-Muslime und auf Christen muslimischer Herkunft ab. Der Islam ist im Iran Staatsreligion, alle Gesetze und Vorschriften müssen der offiziellen, sehr strikten Interpretation der Scharia-Gesetze entsprechen.

Verschlechterung der Lage

Die massive Verschlechterung der Situation der Christen begann 2004 mit dem Sieg konservativer Parteien. Im Juni 2005 folgte auf die Wahl des konservativen Hardliners Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten eine neue Welle der Christenverfolgung. Präsident Ahmadinedschad bejubelte seinen Wahlsieg als neue islamische Revolution, die sich weltweit verbreiten könnte, und versprach feierlich die Wiederherstellung einer "islamischen Regierung" im Iran. Die umstrittene Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad im Juni 2009 löste landesweite Proteste aus. Bei dem darauffolgenden harten Vorgehen der staatlichen Behörden gegen die Demokratiebewegung wurden auch die Christen hart getroffen.

Auf Religionswechsel steht Strafe

Armenische und assyrische Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten im Iran. Dennoch berichten auch sie von Repressionen und Diskriminierung. Religionswächter bespitzeln Gottesdienste traditioneller, genehmigter Kirchen auf der Suche nach Konvertiten. Ihnen ist es zudem verboten, Konvertiten aus dem Islam zu unterstützen. Wird diese Anordnung nicht befolgt, droht die Schließung der Kirche.
Nach Ansicht der Regierung kann ein Muslim seinen Glauben nicht wechseln: Ein ethnischer Perser ist und bleibt ein Muslim, so die offizielle Sicht. Armenische und assyrische Kirchengemeinden dürfen ihre Mitglieder nur in ihrer eigenen Sprache unterweisen. Die gängige Auslegung der Scharia sieht die Todesstrafe für jeden Muslim vor, der den Islam verlässt, um einen anderen Glauben anzunehmen.


Neue Hausgemeinden

Doch trotz des harten Kurses der Regierung und islamischer Geistlicher gründen Konvertiten immer neue Hausgemeinden. Meist geben einheimische Christen ihren neuen Glauben an ihre muslimischen Verwandten und Freude weiter oder Menschen kommen durch TV- und Internetangebote zum christlichen Glauben. Christen muslimischer Herkunft bilden die Mehrheit der christlichen Minderheit im Iran, die derzeit schätzungsweise 450.000 Gläubige umfasst. Mehr als drei Viertel der Christen im Land sind ehemalige Muslime. Sie sind es, denen die Schärfe der Verfolgung durch das Regime und islamische Geistliche primär gilt. Viele traditionelle Christen und Gläubige mit muslimischem Hintergrund haben den Iran bereits verlassen.

Konvertiten werden unter Druck gesetzt, verhaftet, verhört und eingesperrt. Doch auch im sozialen und familiären Umfeld können ihr Glaubenswechsel und der damit einhergehende Bruch mit der Familientradition zu Repressionen führen. Berichtet wird von Arbeitsplatzverlust, Behördenwillkür und Verbannung aus dem Familienverband.  Christen werden auch nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis weiterhin überwacht und bedroht. Jenen mit eigenem Gewerbe mangelt es an Kundschaft. Weil es den anerkannten Kirchen verboten ist, einem Gläubigen mit muslimischem Hintergrund beizustehen, haben viele ethnische Gemeinden ihre Unterstützung für Glaubensgeschwister muslimischer Herkunft zurückgezogen. Konvertiten treffen sich daher in Hausgemeinden und gehen dadurch ein hohes Risiko ein, sollten sie von den Beamten oder Religionswächtern entdeckt werden. Es heißt, die örtlichen Behörden im ganzen Land seien angewiesen worden, gegen Hausgemeinden hart vorzugehen. Oft mangelt es den verstreuten Hausgemeinden an guter theologischer Begleitung und an Studienmaterialien.

September 2008 wurde im iranischen Parlament ein Gesetzentwurf gebilligt, wonach der Abfall vom Islam auch strafrechtlich mit dem Tod bestraft werden soll. Bislang konnte das Gericht "nur" Gefängnis oder harte Arbeitsstrafen festsetzen. Das Gesetz ist bislang noch nicht in Kraft getreten.

Ethnische Christen

Armenische und assyrische Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten im Iran, denen Religionsfreiheit garantiert wird. Dennoch berichten auch sie von Repressionen und Diskriminierung. Religionswächter bespitzeln Gottesdienste traditioneller, genehmigter Kirchen auf der Suche nach Konvertiten. Ihnen ist es zudem verboten, Konvertiten zu unterstützen. Wird diese Anordnung nicht befolgt, droht die Schließung der Kirche. Armenische und assyrische Gemeinden dürfen ihre Mitglieder nur in ihrer eigenen ethnischen Sprache unterweisen. Verschiedene Gruppen, die etwa christliche Literatur anbieten, kamen ins Visier der Sicherheitsbehörden. Auf Christen, die in Gemeinden oder in einer Gebets- und Evangelisationsbewegung aktiv sind, wird Druck ausgeübt.


Ehemalige Muslime

Die Regierung ist über das Wachstum der Kirche informiert und will es aufhalten. In öffentlichen Reden haben sowohl der Präsident als auch der religiöse Führer des Landes vor den Hausgemeinden ausdrücklich gewarnt. Die radikale Politik bedroht die Bemühungen, das Evangelium weiterzusagen und Christen auf ihrem Glaubensweg zu begleiten.

Zunehmende Verfolgung erwartet

Ende 2010 und Anfang 2011 kam es zu Massenverhaftungen von Christen. Insgesamt wurden über 200 Personen festgenommen. Zur den Verhaftungswellen führten öffentliche christenfeindliche Äußerungen hochrangiger religiöser und politischer Führer. Im Oktober 2010 hatte der oberste geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, in einer öffentlichen Ansprache zum ersten Mal vor der Gefahr durch wachsende Hauskirchen im Land gewarnt. Auch Geheimdienstminister Heydar Moslehi warnte vor der Bedrohung durch christliche Hauskirchen und anderer christlicher Aktivitäten. Seinen Aussagen zufolge hätten "seine Agenten" hunderte von Untergrundgruppen entdeckt, u. a. 200 in der bei Muslimen heiligen Stadt Mashhad. Als Reaktion auf die Festnahme von Christen kündigte im Januar 2011 der Provinzgouverneur von Teheran, Moreza Tamadon, weitere Verhaftungen in naher Zukunft an. Er übte besonders Kritik an der christlichen Mission, als eine "verdorbene, abweichlerische Bewegung" und nannte sie "eine kulturelle Invasion des Feindes". Die protestantische Bewegung verglich er mit der Taliban und den Wahhabiten im Islam. Er deutete zudem an, dass neue Anstrengungen unternommen würden, das Anwachsen der hauskirchlichen Bewegung im Iran zu bekämpfen. Die öffentliche christenfeindliche Rhetorik hochrangiger Führer ist auch für die gestiegene Zahl von Festnahmen von Christen verantwortlich. Zwar kamen die meisten Festgenommenen später wieder frei, doch der Druck auf Hausgemeinden aus Christen muslimischer Herkunft bleibt unvermindert hoch. Seit September 2011 sind mindestens 46 Christen verhaftet worden. Die Regierung kontrolliert das Internet und überwacht christliche Internetseiten und Fernseh- und Radiostationen.

Die meisten Gläubigen, viele von ihnen Konvertiten, sind neu im Glauben und benötigen Schulung, Begleitung und christliches Material. Christliche Radio- und Fernsehprogramme, Internet und christliche Literatur in Farsi helfen ihnen geistlich zu wachsen.