Verfolgung in Eritrea

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Die Verfassung Eritreas von 1997 garantiert Religionsfreiheit, Freiheit der Gedanken und des Gewissens, Meinungsfreiheit sowie die Koalitionsfreiheit (Artikel 19). Artikel 14 sichert Gleichheit und Schutz vor Diskriminierung zu. Doch diese Verfassung nach westlichem Vorbild ist noch nicht in Kraft getreten.

Christen gelten als Staatsfeinde

Stattdessen schränkt die Regierung die Religionsfreiheit für staatlich nicht erlaubte religiöse Gruppen scharf ein, verletzt aber auch die Rechte einiger registrierter Gruppen. Im Mai 2002 erklärte Präsident Issayas Afewerki alle Kirchen für illegal - darunter über 30 unabhängige Gemeinden. Nur die Eritreisch-Orthodoxe und die Katholische Kirche sowie die Evangelisch-Lutherische Kirche (Mekane Yesus) - die alle bereits seit 1952 im Land vertreten sind - und der Islam sind anerkannt. Seitdem veranlasst die Regierung Kirchenschließungen und verbietet Privatversammlungen. Es kommt immer wieder zu Hausdurchsuchungen. Wer sich außerhalb der staatlich anerkannten Glaubensrichtungen versammelt, z.B. zum Gebet in Privathäusern, kann verhaftet, gefoltert und massiv bedrängt werden, seinen Glauben zu verleugnen. Viele Christen haben seit dem Regierungserlass das Land verlassen.

Regierung kontrolliert Kirchen

Die Hauptursache für Verfolgung in Eritrea liegt in der Paranoia seines Diktators Isaias Afewerki. Die Hälfte der Bevölkerung Eritreas sind Christen, überwiegend gehören sie zur orthodoxen Kirche. Die andere Hälfte ist traditionell muslimisch. In Eritrea existieren drei Gruppen von Christen:
1. Die registrierten, historisch gewachsenen Kirchen
2. Ehemalige Mitglieder dieser Kirchen, die sich jetzt anderen Gemeinden angeschlossen haben
3. Unabhängige Christen.

Mit der dritten Gruppe sind protestantische Christen gemeint, die keiner christlichen Tradition entstammen oder einer anderen christlichen Gruppe angehören. Im Berichtszeitraum wurde kein Vorfall bekannt, bei dem ein Christ muslimischer Herkunft Verfolgung erleiden musste. Die christlichen Gemeinschaften jenseits der traditionellen Kirchen funktionieren in der Regel in Form von Untergrundkirchen.


Christen werden als Feinde betrachtet

Eritreas Geschichte ist durchzogen von Kriegen mit dem benachbarten Äthiopien. Die Grenze zwischen beiden Ländern ist sehr lang, obwohl Eritrea flächenmäßig viel kleiner ist als der "Erzfeind". Dies ist einer der Gründe, warum die Regierung alle Gruppierungen als gefährlich einstuft, die sich ihrer Kontrolle entziehen. Christen, die traditionellen Kirchen angehören, lassen sich in einem gewissen Maß kontrollieren – anders als Christen aus unabhängigen, in den Untergrund gedrängten Kirchen. Ein Regierungsbeamter hat öffentlich verkündet, dass Eritrea drei Feinde ausmerzen müsse: 1. HIV/Aids, 2. Das äthiopische Regime und 3. unabhängige Christen. Aus diesem Grund werden Christen abseits der traditionellen Kirchen im ganzen Land bekämpft.

Tausende von Christen in Haft

Die Häufigkeit und das Ausmaß von Gewalt gegen Christen außerhalb der traditionellen Kirchen sind beträchtlich. Zu den bekannten Schreckensmeldungen gehören Berichte von Metallcontainern, die in Armeelagern als Gefängnisse dienen und versteckten Gefängnissen, zu denen gewöhnliche Bürger keinen Zutritt haben. Die Zahl der in solchen Lagern gefangen gehaltenen Christen ist nicht bekannt. Im Weltverfolgungsindex 2012 wurde die Zahl von 1.500 Christen genannt. Open Doors Experten geben an: "Die Verhaftungen von Christen wurden fortgesetzt, sie geschahen oft spontan, an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Umständen, die von der Regierung als illegal betrachtet werden. Unseren Informationen nach entspricht die Zahl der Entlassenen in etwa der Zahl der neu Inhaftierten." Allerdings ist es schwierig, derartige Zahlen zu verifizieren, denn aus religiösen Gründen Inhaftierte werden in Eritrea nicht nur in bekannte Gefängnisse und Lager gebracht. Aus demselben Grund ist es schwer festzustellen, wie viele Christen in Haft sterben,oder unmittelbar vor ihrem Tod entlassen werden, damit die Regierung offiziell jede Schuld von sich weisen kann. Sicher ist die Zahl von 31 Christen, die im Berichtszeitraum während ihrer Haftzeit gestorben sind.

Islamisierung nimmt zu

Die islamisch dominierten Gebiete in der östlichen Küstenregion grenzen an Bereiche Äthiopiens, wo der Islamismus stark auf dem Vormarsch ist. Die islamisch dominierten Gebiete im westlichen Tiefland grenzen an den Sudan, ein Land mit ähnlich starken islamistischen Tendenzen. Wird sich Eritrea zukünftig ebenfalls einer islamisch extremistischen Agenda verschreiben? Die Antwort auf diese Frage hängt mit dem Druck zusammen, den die Regierung auf Christen wie auch Muslime ausübt. Einige erfahren schlimme Misshandlungen, viele Angehörige registrierter Kirchen oder des Islam werden jedoch toleriert, solange sie in ihren Kirchen und Moscheen bleiben und dem Regime keinen offenen Widerstand leisten. Genau hier liegen die entscheidenden Hinweise verborgen, die zur Einschätzung der künftig zu erwartenden Verfolgung in Eritrea dienen.


Die Regierung hat alle christlichen Gemeinden verfolgt und geschwächt, die der eritreischen Gesellschaft das Evangelium bringen wollten. Gleichzeitig hat sie Treffen in Moscheen gestattet, wo junge Menschen mit dem Islam indoktriniert wurden. Geistliche Leiter des Islam haben begonnen, in der lokalen Tigrina Sprache zu lehren. Open Doors Sachverständige beobachten: "Seit mindestens drei Jahren indoktrinieren sie junge Menschen mit einem aggressiven Islam, was vorher nicht geschehen ist. Viele dieser Lehrer wohnen in Saudi Arabien, aber als Eritreer können sie jederzeit ins Land reisen und ihre Familien besuchen. Bei einigen wohnen die Frau und ihre Kinder in der Hauptstadt Asmara.“

Mittlerweile machen sich eritreische Christen große Sorgen darum, wo ihre muslimischen Landsleute in Bezug zur eritreischen Kirche tatsächlich stehen. Muslimische Leiter äußern Beschwerden, wonach die Regierung der EOC näher steht als der muslimischen Gemeinschaft. "Sie bezeichnen die Regierung sogar als christlich. Sie beharren auf ihrem Recht und fordern mehr Führungspositionen für Muslime." "Immer wieder ertönt es aus der Moschee mit lautstarken Megaphonen: ‚Lasst uns den Islam verteidigen gegen alle Verwässerungen durch andere Lehren!‘, und zwar nicht auf Arabisch wie früher, sondern in den lokalen Sprachen."

Sorgen um die Zukunft

Die Zukunft der Kirche in Eritrea liefert Anlass zur Sorge. Die Regierung übt nach wie vor massiven Druck auf Christen außerhalb der etablierten Kirchen aus und selbst diese sind Repressalien ausgesetzt. Allem Anschein nach bereiten Anhänger des extremistischen Islam sich darauf vor, ihre Agenda der eritreischen Gesellschaft aufzuzwingen, besonders aber wohl den Kirchen, sobald die Regierung ihren eisernen Griff auf Kirchen und Moscheen etwas lockert. Zahlreiche Christen kämpfen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Nahrungsmittel werden knapper, die Preise steigen; auch Wasser und Strom haben besonders in den jüngsten Monaten oft nicht ausreichend zur Verfügung gestanden.

Der zeitlich unbegrenzte Militärdienst hat die Ehen der meisten Christen beeinträchtigt, was vermehrt zu Untreue und wirtschaftlichen Engpässen geführt hat. Oftmals führt Verfolgung zu einer zusätzlichen Verschlechterung ohnehin schwieriger Situationen. Gerade weil Christen aufgrund von schwierigen Lebensumständen starken familiären Rückhalt und gut funktionierende Gemeinden brauchen, macht die Schwächung oder gar Zerstörung dieser Fundamente durch Verfolgung das Überleben besonders schwierig.