Verfolgung in Jordanien

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In einem der bekanntermaßen am stärksten westlich orientierten Länder im Nahen Osten erleben traditionelle Christen ein gewisses Maß an religiöser Freiheit. Gemäß der jordanischen Verfassung "stellt der Staat die freie Ausübung aller Religionen sicher, solange diese mit den Sitten und Gebräuchen des Landes einhergehen und nicht der öffentlichen Ordnung oder Moral zuwiderlaufen".

Der Islam ist Staatsreligion, das jordanische Rechtssystem basiert auf der Scharia (Islamische Gesetzgebung) und Gesetzen europäischen Ursprungs. Allerdings ist eine Abkehr vom Islam verboten und die "öffentliche Missionierung" von Muslimen gilt als Verstoß gegen Regierungsvorgaben.

Eine der Hauptquellen der Verfolgung in Jordanien ist der islamische Extremismus, aber auch Stammesfehden und diktatorische Paranoia spielen bei der Verfolgung von Christen eine Rolle. Geschichtlich betrachtet, war das Zusammenleben von Christen und Muslimen in der Regel friedlich. Im Vergleich zu den Nachbarländern ist das Gemeindeleben weniger eingeschränkt, da es bereits viele traditionelle Kirchen gibt. Doch im Zuge der Auswirkungen des Arabischen Frühlings nimmt der Druck auf die Christen zu und radikale islamische Gruppierungen versuchen die Gesellschaft stärker zu beeinflussen. Aufgrund der wachsenden Aktivitäten islamischer Extremisten hat sich auch die Situation der Konvertiten verschlechtert. Berichten zufolge nimmt die Gewalt gegen Christen muslimischer Herkunft zu, bis hin zu Ermordungen. Konvertiten sind verstärkt Diskriminierung und seelischem sowie körperlichem Missbrauch durch ihre Familien und der Gesellschaft und manchmal auch staatlicher Behörden ausgesetzt. 


Konvertiten unter Druck

Christen muslimischer Herkunft fallen jedoch noch immer unter die Rechtsprechung von Scharia-Gerichten und haben im Allgemeinen wenig Aussicht, Schikane und Verhöre zu vermeiden, denn ihr Glaubenswechsel wird nicht anerkannt. In der Vergangenheit hat die eigene Familie oft Anklage vor Scharia-Gerichten gegen die Konvertiten erhoben, was den Verlust des Sorgerechtes für die Kinder, die Scheidung der Ehe und den Entzug einzelner Bürgerrechte zur Folge hatte.

Geheimdienstbeamte haben Berichten zufolge mehrmals Christen muslimischer Herkunft zu ihrem Glauben verhört, mit einem Gerichtsprozess und anderen Konsequenzen gedroht sowie Belohnungen wie etwa einen Arbeitsplatz für eine Rückkehr zum Islam in Aussicht gestellt. Weiter wurden Arbeitszeugnisse, die für Bewerbungen oder die Eröffnung eines Geschäftes wichtig waren, verweigert und Arbeitgebern wurde geraten, Christen muslimischer Herkunft zu entlassen.

Beobachtung verstärkt

Über einige Jahre hinweg gab es beträchtliche Spannungen zwischen evangelikalen Freikirchen und traditionellen Kirchen in dem haschemitischen Königreich, da sich Mitglieder traditioneller Kirchen Freikirchen angeschlossen haben.  Diese Spannungen scheinen sich weitgehend gelegt zu haben. Die meisten neuen Christen entstammen zwar weiterhin der nominellen christlichen Gemeinschaft, aber seit Kurzem kommen verstärkt Muslime in Jordanien zum christlichen Glauben. Während die Gemeinde Jesu in dem Land zahlenmäßig insgesamt abnimmt, erleben die Freikirchen ein ermutigendes Wachstum: eine Verdopplung der Mitglieder im Zeitraum 1995 bis 2010. Daraufhin haben die Behörden diese Gemeinden verstärkt beobachtet und vor manchen Gemeinden wurden Geheimdienstmitarbeiter postiert. Manche Gemeindeleiter werten dies jedoch anders: Die Sicherheitsdienste seien wegen der Drohungen gegen christliche Kirchen in der Region zu ihrem Schutz, aber auch zur Beobachtung abgestellt worden.

In Jordanien bleiben Christen weiter eine Gemeinschaft unter gemäßigtem Druck. Die Anzahl der Christen hat seit der Unabhängigkeit des Landes (1946) abgenommen, die Gründe hierfür sind niedrige Geburtsraten und Abwanderung ins Ausland. Andererseits sind zahlreiche Christen aus dem Irak ins Land gekommen – eine noch anhaltende Entwicklung. Auch viele muslimische Flüchtlinge kommen aus dem Irak, aus den Palästinensergebieten und Syrien nach Jordanien, was zusammen mit dem Anwachsen des politisierten Islam den Druck auf die Christen erhöht, besonders auf Freikirchen und Christen muslimischer Herkunft.